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Spieltag: Begebenheiten vor dem Anpfiff

In der Kabine, Teil 1

Einer der ersten Gedanken beim Betreten der Kabine: „Wo ist die Steckdose?“ Sie und ihr Saft werden nämlich benötigt, um den Boomblaster mit Energie zu versorgen. Oder die Handys. Eine angemessene Beschallung während des Umzieh-Vorgangs muss definitiv gewährleistet sein. Zur gleichen Zeit spielen sich rund um den Trikotkoffer tumultartige Szenen ab. Es gibt nur drei XL–Hosen, eine von ihnen zu erhaschen, wäre ein erster großer Erfolg. Clevere Typen haben sich bereits am Anfang der Saison eine Hose gebunkert und nehmen diese Woche für Woche schön mit nach Hause. Blöd nur, wenn sie sonntags dort vergessen wird. So ist es kein Einzelfall, dass der Trikotsatz aus 16 Trikots und 12 Hosen besteht. Weiteres Problem: Von den 14 Paar Stutzen sind nur acht ohne Lochfraß oder Laufmaschen. Kein Wunder also, dass bereits vor dem Spiel die ersten Zweikämpfe stattfinden. Sobald sich die Streitigkeiten gelegt haben und Trikot, Hose und Stutzen für jedermann bereitliegen, kann vom Trainingsanzug in die Spieltagskluft gehüpft werden. Dies dauert von Spieler zu Spieler unterschiedlich lang. Während einige ratzfatz fertig sind, brauchen andere eine halbe Ewigkeit. Generell sehr schön zu beobachten, sind dabei die verschiedensten Marotten: Schienbeinschoner zuerst links oder rechts? Stutzen bis zu den Adduktoren hoch oder obercool unten am Knöchel platziert? Trikot steif in die Hose gesteckt oder einfach raushängen lassen?

Irgendwann ist dann aber auch der Letzte so weit, Klamotten sitzen, Frisur auch. Noch mal schnell aufs Klo, ein Schluck aus der Pulle und dann kann die Besprechung starten. Taktisch wirklich hilfreiche Tipps gibt es in dieser natürlich – nicht! Irgendwie weiß der Trainer lediglich zu verschiedensten Themen seinen Senf dazu zu geben, dabei ständig abzuschweifen, um schließlich umständlich wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Es gibt nicht viel zu hören, was in Bezug auf das Spiel ernsthaft relevant wäre. Stattdessen gibt es heikle Personalinfos: „Da spielen zwei aus der Ersten mit“ oder „Der 10er hat schon mal höher gespielt, da müssen wir riiichtig aufpassen!“ Häufig gibt es parallel zu den Personalinfos noch weitere, äußerst sachdienliche Hinweise wie „Die wollen aufsteigen“ oder „Achtung, die haben einen Lauf“. Aha, gut zu wissen. Einige konkrete Handlungsanweisungen gibt es dann aber doch: „Der Rasen ist nass, also einfach mal flach abziehen!“, oder „Heute müssen wir 120 % geben!“ Auch äußerst nützlich und noch nie dagewesen. Nachdem der Coach also sporadisch über Aufstellung, Marschroute und Gegner sinniert und parallel mit unnützem Wissen geglänzt hat, geht es raus zum Aufwärmen.

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Warm-up: Die bittere Wahrheit

Das Aufwärmprogramm in der Kreisliga hat seinen Namen leider häufig nicht verdient. Auf dem Platz angekommen, schlurfen einige Spieler zwei bis vier Bahnen über den Platz, machen dann Bewegungen, die mit ganz viel Phantasie nach Dehnungen aussehen, und schnappen sich anschließend einen Ball, um zunächst schwungvoll ein paar 40–Meter-Flugbälle quer über das Feld zu dreschen. Warum auch aufwärmen, wenn man eben noch warm gegessen hat? Um auch den Faultieren dieser Welt etwas Beine zu machen, wird das Aufwärmen auch im Amateurbereich meist gemeinsam im Team absolviert. Erst ein paar Meter laufen, dann dehnen, zumindest offiziell. Inoffiziell sind die Stutzen und (bei Wohlstandsbäuchlein) auch die Trikots in der Kreisliga wohl das Einzige, was vor dem Spiel effektiv gedehnt wird. Und so findet der Trainer beim Blick auf seine Mannen einen Schwatz vor, der fast schon als Kaffeeklatsch durchgehen könnte. Die Ansage erfolgt sofort und unmissverständlich: „Jetzt konzentriert euch langsam mal auf das Spiel!“

Danach wird gekickt: 5 gegen 5 auf Ballhalten. Auch hier nicht ohne Aufforderung an den ein oder anderen, sich doch jetzt endlich mal zu konzentrieren. Der zweitletzte Akt: Torschuss! Einer der Reservespieler legt ab und dann heißt es ab 18 Metern „Gut Schuss“. Zum Abschluss noch 3 – 4 kurze Sprints, eventuell schießt der filigrane Mann für den ruhenden Ball quasi beim In-die-Kabine-Gehen noch schnell einen Test-Freistoß und dann geht’s zurück in die Katakomben.

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In der Kabine, Teil 2

Zurück in der Kabine stehen noch einmal ein paar Programmpunkte auf der Agenda. Zum einen der organisatorische Kram. Schiri kommt rein: „Einmal Passkontrolle bitte!“ Dazu rufen der Betreuer oder ein verletzter Spieler nach und nach alle Namen auf. Derjenige, der gerade dran ist, richtet mittels gehobener Hand und einem prägnanten „Hier“ einen kurzen Gruß an den Schiedsrichter, zeigt diesem seine Schienbeinschoner und schon ist der Nächste dran. Bei einem Spieler erfolgt zusätzlich, quasi als Running Gag, mindestens jede zweite Woche die Aufforderung, doch mal ein neues Passfoto zu besorgen. „Das aus der dritten Klasse ist nun wirklich nicht mehr aktuell.“ Im Anschluss an die Passkontrolle erfolgen noch ein paar Hinweise vom Referee: 1.) „Keine Schmuckgegenstände“, 2.) „Ich diskutiere nur mit meiner Frau, wer mir während der kommenden 90 Minuten blöd kommt, kann frühzeitig duschen gehen“ und 3.) „Gutes Spiel!“ Damit ist alles gesagt.

Sobald der Unparteiische raus ist, geht es ein letztes Mal aufs Klo. Natürlich nicht ohne unterwegs nochmal einen prüfenden Blick in den Spiegel zu werfen, ob die Frise auch wirklich sitzt. Der Trainer gibt parallel noch eine heiße Warnung und diverse Bitten aus. Die Warnung: „Ihr kennt den Schiedsrichter, bei dem dürft ihr nichts sagen, der gibt sofort Gelb!“ Die Bitten beginnen dagegen immer mit einem: „Tu mir einen Gefallen …“ und enden beispielsweise mit „… keine Kunststücke im eigenen 16er“, „… spielt die einfachen Bälle“, „… keine unnötigen Fouls“ oder „… lasst euch nicht provozieren“. Anschließend feuert er aus der Hüfte heraus noch ein paar markige Worte aus seiner doppelmündigen Motivationspistole. Peng Peng, alle sind heiß wie Frittenfett, raus geht’s …

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Redaktion

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